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leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

29.06.2021

Aufbruch, Baby!

Das Ende der Pandemie scheint absehbar, unser Leben normalisiert sich. Doch wo ist die Erleichterung, wo bleibt die Aufbruchstimmung in Politik und Wirtschaft? Sind wir durch das pandemische Missmanagement der letzten Monate so gelähmt, dass wir keinen Mut mehr haben, unternehmerische Risiken einzugehen und Neues zu wagen? Nicht ganz. Der Mittelstand macht vor, wie Innovationen trotz Krise gelingen.

Ralf Lochmüller, CEO und Gründungspartner von Lupus alpha

Die Coronakrise hat es schonungslos zu Tage gebracht: Deutschland ist ein Land der Zögerer und Zauderer geworden. Der beherzte Gestaltungswille, so scheint es, ist uns in den zurückliegenden Monaten der Pandemie völlig abhandengekommen. Zu sehr hat das Missmanagement der Politik mit ihrem Föderalismus-Kleinklein, den endlosen Ministerpräsidentenkonferenzen, der fehlenden digitalen Infrastruktur und dem viel zu späten flächendeckenden Einsatz von Tests und Impfungen an den Nerven gezerrt.

Und damit nicht genug. Hinzu kommt die jahrelange GroKo-Politik des Aussitzens und "Sich-Nicht-Ändern-Müssens". Seit Jahren geht es in Deutschland nur noch um Bewahrung und Umverteilung des Erreichten statt um die aktive Förderung von privaten Initiativen, Innovationen und eigenverantwortlichem Handeln. Wir sind heute Weltmeister im Bedenkentragen und im Debattieren des kleinsten gemeinsamen Nenners. Wir haben so viel Angst davor zu scheitern, dass wir am besten gar keine Risiken mehr eingehen.

 

Deutschland muss wieder zu mehr Mut und Innovationskraft finden

Risiken gehören aber zu jeder politischen oder unternehmerischen Entscheidung, zu jedem technologischen Fortschritt dazu. Wir müssen den Mut haben, zu scheitern und aus unseren Fehlern zu lernen, sonst kommen wir nicht voran. In den USA beispielsweise sammeln Gründer, die schon unternehmerisch gescheitert sind, viel leichter Gelder von Investoren ein als Gründer, die bisher unfehlbar waren. In Deutschland sind wir weit von einer solchen "Failure Culture" entfernt.

Eine Fehlerkultur sowie vor allem Freiräume sind es aber, die Unternehmen benötigen, um ihre Innovationskraft zu entfalten und mit intelligenten Lösungen zu gesamtgesellschaftlichen Zielen beizutragen, wie aktuell der erfolgreichen Bekämpfung der Coronapandemie oder der Erreichung der Klimaneutralität bis 2045.
 

Mittelstand als Vorbild

Dass es in Deutschland trotz der politischen Probleme innovative Unternehmen gibt, zeigen unsere täglichen Gespräche mit kleinen und mittleren Unternehmen. Denn Innovationen entstehen nicht nur in Großkonzernen oder hippen Start-ups. Sie finden sich vor allem im Mittelstand. Der Mittelstand ist in der Nische und bei Spezialanwendungen stark. Nirgendwo sonst gibt es so viele Weltmarktführer wie in Deutschland, die ganz unabhängig von politischen Eliten oder pandemischen Krisen ihre Innovationen vorantreiben.

Ein Beispiel par excellence dafür ist BioNTech, inzwischen Entwickler des weltbekannten Impfstoffs gegen das Coronavirus. BioNTech brauchte zwar einen starken Partner wie den US-Konzern Pfizer, um ausreichend Impfstoff zu produzieren und weltweit zu verteilen, patentiert ist das Verfahren jedoch in Deutschland. Schon vorher war BioNTech in der Entwicklung individualisierter Krebsimmuntherapien führend. Nur dadurch konnte das Unternehmen in einer so kurzen Zeit einen sicheren Impfstoff auf mRNA-Basis entwickeln.

Ein weiterer, erfolgreicher Mittelständler ist Carl-Zeiss Meditech, sicherlich eines der innovativsten Unternehmen in Deutschland. Es stellt chirurgische Instrumente u.a. für die Augenheilkunde her und hat beispielsweise ein innovatives Verfahren zur Augenkorrektur erfunden, welches das herkömmliche LASIK-System immer mehr ablöst. Oder nehmen Sie Varta, den traditionsreichen, deutschen Batteriekonzern, der u.a. für Apple produziert und mit seiner Innovationskraft in die "asiatische Produktions-Phalanx" einbrechen konnte, da seine Zellintensität deutlich höher ist als bei der asiatischen Konkurrenz. Nun steht das Unternehmen vor dem Eintritt in die Automobilzulieferer-Industrie, um hier neue Standards in Sachen Energiedichte und damit Reichweite zu liefern.
 

Lücke zwischen Forschung und industrieller Anwendung schließen

Wenn ich mir diese Beispiele vor Augen halte, ist mir um die deutsche Wirtschaft nicht bange. Wichtig ist nur, dass wir der Innovationskraft dieser Unternehmen nicht die Dynamik entziehen – etwa mit immer mehr staatlicher Regulierung und übertriebenem Bürokratismus. Im Gegenteil: Die neue Regierung, die wir im September wählen, muss die engere Verzahnung von Grundlagenforschung und industrieller Anwendung ganz oben auf der Agenda haben. Sonst findet die Kommerzialisierung von Innovationen - wie damals schon beim MP3-Player, Walkman oder Fax-Gerät - in anderen Ländern statt.

Um das "Tal des Todes" zwischen Erfindung und fertigem Produkt zu überbrücken, braucht es viel Zeit und Geld, was in Deutschland und Europa oft fehlt. Gerade hat die European Investment Bank (EIB) in ihrer aktuellen Studie zum Stand bei Künstlicher Intelligenz (KI) und Blockchain aufgezeigt, dass die USA und China sowohl bei der Finanzierung als auch bei der Zahl der KI- und Blockchain-Firmen bereits um Längen vor den Europäern liegen. Während Washington und Peking Milliarden investieren, debattiert man hierzulande lieber endlos über den richtigen Umgang mit personenbezogenen digitalen Daten und droht damit, die Chancen, die diese Schlüsseltechnologien für Innovationen, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum bieten, zu verschlafen.

Nehmen wir uns ein Beispiel am Mittelstand und trauen uns endlich aus unserer Lethargie heraus! Die größten Innovationssprünge und Entwicklungsschritte folgen immer nach einer schweren Krise. Insofern sollten wir die Coronapandemie als Chance nutzen: Weniger Staat und Regulierung, stattdessen mehr Freiraum für Eigeninitiative und entschlossenes Handeln, mehr Förderung von Erfindergeist und mehr Mut zum Risiko. Auf diese Weise kann Deutschland wieder zu einem Land der Erfinder, Ingenieure und Unternehmer werden.

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