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leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

31.01.2023

Investieren Sie nicht in europäische Nebenwerte...

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO

...wenn Sie glauben, dass Deutschland und Europa die großen wirtschaftlichen Verlierer der geopolitischen Auseinandersetzungen sind und Probleme wie Klimawandel und Energiekrise auf absehbare Zeit nicht in den Griff bekommen. Wenn Sie dagegen an die Innovationskraft und Fähigkeit der europäischen Unternehmen glauben, Deutschland und Europa gestärkt aus der Krise zu führen, kommen Sie an Small & Mid Caps nicht vorbei. Der Zeitpunkt ist günstig, denn die Kleinen haben aktuell ein großes Aufholpotenzial.

 

Geht es Ihnen auch so? Der positive Jahresauftakt an den Börsen lässt die heftigen Rückschläge aus dem vergangenen Jahr schon fast vergessen. Zugegeben, die Kurszuwächse der letzten Wochen sind Balsam auf der geschundenen Seele eines Anlegers – da nehme ich mich nicht aus. Aber lassen Sie uns nochmal in Erinnerung rufen:

Der DAX hat im vergangenen Jahr mehr als 12 Prozent verloren, unterjährig stand der Index sogar bei minus 25 Prozent. Deutsche Nebenwerte hat es noch stärker getroffen, ihr Wertverlust betrug rund 28 Prozent per 31.12.2022. Auch in vorherigen Abschwüngen sind kleine und mittlere Werte stärker unter die Räder gekommen als ihre großen Brüder, etwa bei Ausbruch der Covid 19-Pandemie oder in der Finanzkrise 2008.

Heftige Rückschläge wie diese haben jedoch nichts daran geändert, dass Anleger mit Nebenwerten langfristig besser gefahren sind als mit DAX & Co. So hat der DAX in den vergangenen 20 Jahren (per 31.12.22) einen jährlichen Wertzuwachs von 8,2 Prozent erwirtschaftet. Zum Vergleich: In demselben Zeitraum haben Anleger mit SDAX-Werten 10,2 Prozent p.a. erzielt, der MDAX legte sogar um 11,2 Prozent pro Jahr zu. Durch die Kumulierung der Outperformance der Kleinen über diesen langen Zeitraum ergeben sich, absolut betrachtet, bemerkenswerte Performanceunterschiede: DAX +381 Prozent, SDAX +598 Prozent, MDAX +730 Prozent.

Und noch etwas hat der Blick in die Vergangenheit gezeigt:

Sobald sich die Stimmung an den Börsen wieder beruhigt, erholen sich Small & Mid Caps üblicherweise überdurchschnittlich stark.

Das zeigen auch die ersten Wochen im neuen Jahr. Aber wird es auch dieses Mal so weitergehen? Und was stimmt mich zuversichtlich, dass sich Nebenwerte 2023 besser entwickeln als Standardwerte?

Da sind zum einen die Bewertungen, die insgesamt deutlich zurückgekommen sind. Unser europäisches Universum handelt derzeit auf einem KGV für 2023 von 15, Ende 2021 waren es noch 22. Wir haben allerdings auch gesehen, dass die Bewertungen in systemischen Krisen noch deutlich tiefer gehen können, wie zum Beispiel während der Euro-Krise im Jahr 2011, als das KGV bei nur noch 8 lag.

So hängt alles an der Entwicklung der Unternehmensgewinne im Jahr 2023, die angesichts der konjunkturellen Entwicklung unter Druck kommen könnten. Dabei ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unsicher, wie stark die Rezession in Europa und den USA tatsächlich ausfallen wird. Sicher ist aber, dass der Aktienmarkt in die Zukunft schaut und in der Regel bereits einpreist, was nach der erwarteten Rezession kommt. Starke Kursverluste sind daher meist vor oder zu Beginn eines realwirtschaftlichen Abschwungs zu beobachten, so dass Tiefstkurse deutlich vor Rezessionsbeginn liegen.

Für mich heißt das: Die überproportionalen Kursverluste von Nebenwerten im Jahr 2022 bieten im Moment attraktive Einstiegskurse.

Auch wenn man sich von dem positiven Jahresauftakt sicherlich nicht täuschen lassen darf, denn es wird im Jahresverlauf an den Börsen durchaus nochmal rumpeln. Aber für strategische Anleger wird es jetzt Zeit. Neben ihrem Aufholpotenzial spricht nämlich im Moment auch sonst Vieles für die Kleinen:

  • Das Universum der europäischen Small & Mid Caps besteht aus über 1.200 investierbaren Titeln, die sowohl Wachstums- als auch Value-Titel umfassen – und nicht nur, wie oft angenommen, Titel mit überwiegend zyklischer Ausrichtung (dieses Vorurteil hält sich hartnäckig).
  • In einer unglaublichen Branchenvielfalt finden sich hier qualitativ hochwertige Unternehmen, welche den Zugang zur gesamten volkswirtschaftlichen Wertschöpfungskette bieten (ich bin sicher, dass es keinen Haushalt in Deutschland gibt, der nicht mindestens zehn Produkte aus dem Universum der europäischen Small & Mid Caps besitzt).
  • Es finden sich dort Unternehmen mit fokussierten Geschäftsmodellen, die oft Weltmarktführer in ihrer Nische sind und daher eine gute Verhandlungs- und Preissetzungsmacht besitzen (wie zum Beispiel Krones oder die GEA Group aus Deutschland oder das holländische Unternehmen IMCD, ein Distributor von Spezialchemie).
  • Unternehmen, deren starke Wettbewerbsposition sich in attraktiven Margen widerspiegelt und die eine Rezession gestärkt hinter sich lassen können (wie zum Beispiel Belron, eine Tochter der belgischen D´leteren, deren Dienstleistung in Deutschland unter der Marke CARGLASS bekannt ist, oder die österreichische Cateringfirma Do & Co).
  • Und schließlich Unternehmen, die aufgrund ihrer schlanken Strukturen und kurzen Entscheidungswege dazu in der Lage sind, hochflexibel auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren und die schöpferische Zerstörung von Krisen zu nutzen.

Und genau diese Fähigkeiten sind es, die wir in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbruchsituationen, wie wir sie gerade erleben, brauchen.

Beispiel Energiekrise: Die angespannte Situation im Energiebereich hat zu einer forcierten wirtschaftlichen Transformation geführt, da der Preismechanismus und tatsächliche physische Knappheiten Anpassungen erzwungen haben, die sonst in einem viel langsameren Tempo abgelaufen wären. Eine staatliche Regulierung (EU Green Deal) hätte niemals diese Dynamik entwickelt, wie sie 2022 notgedrungen entstanden ist. Während die EU-Taxonomie auf bestimmte Branchen und Produkte zielt, hat der Preismechanismus die Unternehmen dazu veranlasst, ALLE Prozesse und Produkte vor dem Hintergrund der Energieknappheit kritisch zu hinterfragen.

Ich bin davon überzeugt, dass die vor uns liegenden Herausforderungen nur durch Produkt- und Prozessinnovationen gelöst werden können. Diese finden in wachstumsstarken, dynamischen Unternehmen statt – und das sind in Europa (anders als in den USA) vor allem die Small & Mid Caps. Viele dieser Unternehmen tragen mit ihren Produkten überhaupt erst dazu bei, dass es eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft geben kann.

Wenn man an die Lösungskompetenz dieser Unternehmen glaubt, muss man sie mit entsprechendem Gewicht in der Asset Allocation und im Portfolio abbilden. Aktives Stockpicking ist dabei die beste Methode, schlechte Werte zu vermeiden und in die Gewinner der aktuellen Situation zu investieren.

 

Stand: 31.01.2023

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