top
leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha
26.09.2023

Das wilde Subventionieren ist ein Irrweg – und führt zu mehr Inflation

Deutschland ist im Subventionsrausch. Klar, Staatszuschüsse treffen ja auch auf Sympathie. Sie helfen in Regionen und Branchen mit Problemen, sie schaffen und erhalten Arbeitsplätze. Auch in den Krisen der letzten Jahre war es enorm beruhigend, dass irgendwann ein rettender Engel auftritt, der Kurzarbeitergeld und staatliche Hilfen verteilt. Was wir dabei aber vergessen: Das ist die Ausnahme und nicht der Normalzustand. Staatseingriffe heilen kurzfristig Wunden, bringen uns aber langfristig nicht weiter.

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO von Lupus alpha 

Coronapandemie und Ukraine-Krieg haben dem Staat ein fulminantes Comeback beschert. Betrug die Staatsquote in den 1960er Jahren noch um die 35 Prozent, lag sie nach der Jahrtausendwende bereits zwischen 43 und 48 Prozent. In den Coronajahren übersprang sie sogar die Marke von 50 Prozent und lag auch im vergangenen Jahr nur knapp darunter.


Was in Krisenzeiten der letzten Jahrzehnte an staatlichen Hilfen, Steuererleichterungen und Subventionen aufgebaut wurde, lässt sich offenbar nur schwer oder gar nicht wieder abbauen. Der Widerstand der Begünstigten, die sich nach einer Krise von der lieb gewonnenen Förderung wieder trennen sollen, ist auch regelmäßig groß. Aktuelles Beispiel ist die Gastronomiebranche, die sich derzeit mit Händen und Füßen dagegen wehrt, dass der Mehrwertsteuersatz auf Speisen von sieben wieder auf die ursprünglichen 19 Prozent steigt.
 

Subventionen und kein Ende

 Zudem gibt es immer wieder neue Anlässe und Gründe für staatliche Hilfen. Hauptverursacher ist derzeit – Sie ahnen es – die Energiewende. Auf den Top 3 der zehn größten Finanzhilfen finden sich daher die "Förderung energieeffizienter Gebäude", die "Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien" und die "Zuschüsse zum Kauf von E-Autos".1) Wenigstens werden neue Subventionen nicht mehr ganz so leichtfertig eingeführt, wie die anhaltende Debatte um den Industriestrompreis zeigt.


Und als ob wir so nicht schon genug hausgemachte Probleme und Begehrlichkeiten hätten: Die milliardenschweren Subventionen, die die USA und China in ihre Industrien pumpen, befeuern den Subventionierungswahn in Deutschland noch zusätzlich. Neue Werke entstehen hierzulande scheinbar nur noch, wenn Unternehmen mit riesigen Fördermitteln angelockt werden. Was als Einzelfall begonnen hat, um eine größere Unabhängigkeit bei der Chip-Produktion zu erlangen, ist längst geübte Praxis geworden, wenn man die umfangreichen Fördermittel an Intel, Tesla und TSMC betrachtet. Diese Unternehmen können die Länder aktuell gegeneinander ausspielen, indem sie Werke dort ansiedeln, wo sie die höchsten Subventionen bekommen. Aber muss Deutschland dieses Subventions-Monopoly mitspielen?
 

Die Theorie sagt "Teufelszeug"

Die klassische Ökonomie hat staatliche Subventionen bekanntermaßen schon immer abgelehnt. Subventionen bieten demzufolge lediglich die Möglichkeit, auf schmerzhafte Veränderungen zu verzichten, obwohl nur diese Veränderungen die Ursachen für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit beseitigen können. Sie behindern und verzögern einen notwendigen Strukturwandel, da sie Preissignale außer Kraft und damit falsche Anreize setzen. Hohe Preise sind in der Regel ein Signal für Knappheit, für die Unternehmen bilden sie daher einen Anreiz für Innovation und Anpassung. Wird dieser Prozess künstlich verzögert, fällt er danach umso härter aus. Soweit die reine Lehre.
 

Es kommt, wie immer, darauf an

Für Wirtschaftstheorie haben sich Politiker allerdings noch nie interessiert. Tatsächlich gab es staatliche Förderungen vom ersten Tag der Bundesrepublik an. Sei es, um den Wiederaufbau der kriegszerstörten Wirtschaft oder die sogenannten Zonenrandgebiete zu fördern oder um damalige Schlüsselbranchen wie Bergbau, Stahl oder Luftfahrt anzukurbeln.

Auch die Reaktion der Ökonomen ist heute nicht eindeutig. Einige warnen vor weiteren Subventionen. Andere schränken ein, dass Subventionen überall dort zu rechtfertigen seien, wo sie in Forschung und Entwicklung (F&E) fließen und die technische Leistungsfähigkeit unseres Landes erhöhen. Denn dann komme es im besten Fall zu Spill-over Effekten auf die gesamte Wirtschaft, weil auch anderenorts Innovationen angeregt werden.

Die aktuellen Subventionen für die Ansiedelung von Chip-Fabriken kann man insofern noch als Förderung für F&E ansehen, also als zukunftsorientierte Investition in eine Technologie, die Deutschland definitiv nicht hat und auch nicht mehr aufbauen kann. Diese Art von Subventionen sehe ich daher auch weniger kritisch als jahrzehntelange, strukturkonservierende Finanzhilfen, wie es sie beispielsweise für den Steinkohleabbau gab.
 

Deutschland entwickelt sich zu einem "Nanny-Staat" 

Aber mal ganz unabhängig von der Frage, ob Subventionen gut oder schlecht sind. Was mir wirklich Sorgen bereitet, ist, dass sich in Deutschland inzwischen eine Anspruchshaltung manifestiert hat, die davon ausgeht, dass der Staat für jedes Problem die vermeintlich beste Lösung und Förderung hat. Das führt zu dem falschen Glauben, dass der Staat immer helfen MUSS – und auch KANN. Scheinbar ist dafür immer genug Geld da. Nur, wo kommt das her? Wenn immer genug Geld da ist, hat man dann vorher vielleicht zu viel eingetrieben? 

Und wer sagt eigentlich, dass der Staat weiß, welche Branchen, Unternehmen und Technologien sich zukünftig durchsetzen werden? Er maßt sich damit ein Fortschrittswissen an, das er nicht haben kann – und fördert womöglich unternehmerische Aktivitäten, die auch ohne staatliche Hilfe erfolgreich gewesen wären. Oder eben solche, die sich später als ineffizient herausstellen.
 

Subventionen treiben die Inflation

Subventionen bergen außerdem das Risiko, dass sie die Inflation anheizen. Durch ein Konjunkturprogramm, wie es angesichts der düsteren Wachstumsaussichten gerade wieder diskutiert wird, steigen die Preise, was die Inflation antreibt. Damit würde die Politik genau das Gegenteil von dem bewirken, was die EZB mit ihren Zinserhöhungen derzeit erreichen will. Die EZB hat mehrfach die Zinsen erhöht, damit sich die Inflation wieder Richtung zwei Prozent bewegt. Doch davon ist sie noch weit entfernt - zuletzt lag die Teuerung in Deutschland bei 6,1 Prozent. Würde nun die Bundesregierung mit einem Maßnahmenpaket Geld in die Wirtschaft pumpen, würde sie gegen die Zentralbank arbeiten.
 

Was der bessere Weg wäre

Statt ständig weitere Subventionen ins Leben zu rufen, sollte die Politik in die Verbesserung unserer Standortbedingungen investieren. Und das ist dringend nötig! Als Folge unserer Standortschwächen in den Bereichen Regulierung, Steuerbelastung, Energie und Infrastruktur befindet sich Deutschland nur noch auf Platz 18 der vom ZEW Mannheim betrachteten 21 Industriestaaten. Unfassbar, dass es so weit kommen konnte... Das Staatsgeld gehört in bessere Rahmenbedingungen, nicht in einzelne Branchen oder Unternehmen. Es gehört zum Beispiel in die Infrastruktur, in leistungsfähige Verkehrswege, ebenso wie in den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze. Und in gute Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Nicht zu vergessen in den Abbau der Bürokratie.


Und aus Investorensicht?

Als fundamental arbeitende Portfolio Manager lassen wir die Hände von Unternehmen und ganzen Branchen, die subventioniert werden, da es hier immer wieder zu strukturellen Fehlentwicklungen kommt, die sich bei Reduzierung oder Wegfall der Subventionen brutal offenbaren. Da halten wir es eher mit der klassischen Ökonomie.
 

__________________________________

1) Quelle: Bundesministerium der Finanzen 2022

Weitere Informationen
Allgemeine Fragen oder Anregungen:
Annett Haubold
PR-Managerin, Communications
+49 69 / 36 50 58 - 7403
PRESSE
Pia Kater
Pressesprecherin, Communications
+49 69 / 36 50 58 - 7401
ZUM PRESSEBEREICH