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leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

29.08.2022

Europa raus aus dem Depot ist Unsinn

Die neue Ausgabe der Lupus alpha Kolumne

Aus allen Richtungen ist zu vernehmen, Europa werde der große Verlierer der aktuellen geopolitischen Konflikte und deren wirtschaftlicher Folgen sein – als stünde das bereits fest. Deutschland trifft es vielen Aussagen nach besonders hart, manchem Kommentator wird sogar „Angst und Bange“. Einige institutionelle Investoren wie auch Privatanleger haben ihren Europa-Anteil in der Asset Allocation bereits gesenkt. Denn wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es schwer, durch sie hindurchzublicken. Wir vergessen leicht, dass sich gerade in schweren Zeiten die Grundlagen für neue Prosperität herausbilden.

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO von Lupus alpha

Die Kulisse, vor der Investoren heute ihre Anlageentscheidungen treffen, könnte kaum düsterer sein: Besonders auf Europa lasten neben der unsicheren Energieversorgung bei zugleich rasant steigenden Kosten auch längerfristig wirkende Trends. Dazu gehören die Tendenz zur Deglobalisierung, die wirtschaftliche Entkopplung zwischen den USA und China sowie mit immer mehr Macht auch die demographische Entwicklung. Dabei steht Deutschland als Europas größte Wirtschaft unter besonderer Beobachtung – das Magazin „Capital“ zeigt auf seiner Septemberausgabe einen arg gerupften Bundesadler mit dem Titel „Europas No-Powerhouse“.

Dieser Abgesang erinnert mich an Juni 1999, als das britische Magazin „Economist“ Deutschland als „kranken Mann Europas“ bezeichnete. Doch schon im August 2005 staunte dasselbe Blatt über „Germany’s surprising economy“. Und 2010 schließlich kürte es „uns“ (ich erlaube mir diese kleine Anlehnung an die BILD-Zeitung) zu „Europe’s Engine“ – was mich direkt zu meinen weiteren Ausführungen bringt.

Erstens: Wir haben verlernt, was „Krise“ bedeutet

Zugegeben, auf den ersten Blick eine befremdliche These, ich werde an dieser Stelle deshalb etwas ausführlicher: Als Akteure in den Finanzmärkten sind wir Krisen gewohnt. Dotcom-, Finanz- und Eurokrise haben uns seit 2000 besonders intensiv beschäftigt, hinzu kamen diverse Krisen in anderen Währungsräumen. Viel Kapital wurde vernichtet und in der Folge neu aufgebaut. Aber, seien wir ehrlich: Wen hat das tagtäglich interessiert, außer uns in unserer Finanzweltblase? Die direkt Betroffenen natürlich: Der Telekom-Volksaktionär steht beispielhaft für Menschen, die viel Geld verloren haben. In den USA haben Familien ihre Häuser verloren. In Südeuropa hinterließ die Eurokrise Schneisen wirtschaftlicher Verwüstung.

Und doch führte erst das Coronavirus 2020 zur seit Jahrzehnten ersten großen Krise, die europa- und sogar weltweit erheblichen wirtschaftlichen Schaden hinterlassen hat. Sie hat quasi jeden - auch in seiner persönlichen Freiheit - betroffen und wirkt bis heute nach, etwa in Form von gestörten Lieferketten und einer sprunghaft gestiegenen Inflation. So etwas hat es zuletzt in den Ölkrisen der 1970er Jahre gegeben. In der Breite der Bevölkerung haben wir schlicht verlernt, was „Krise“ wirklich bedeutet. Und wie sich große wirtschaftliche Unsicherheit anfühlt.

Phasen der Rezession hat es immer wieder gegeben – aber was wir jetzt erleben (ganz unabhängig davon, wie sich das BIP in nächster Zeit tatsächlich entwickelt), könnte zum großen, reinigenden Gewitter werden, wie es vielleicht schon lange überfällig ist. Weil wir in wirtschaftlich ungesunde Abhängigkeiten geraten sind. Weil unrentable Unternehmen wegen leichter Refinanzierungsmöglichkeiten nicht aus dem Markt geschieden sind. Weil Strukturen und Prozesse (gerade auch in Politik und Gesellschaft) bis hin zur Verkrustung ineffizient geworden sind. Ohne echte Krisen sind Fortschritt und Wohlstand nicht denkbar – das wird uns jetzt wieder bewusst.

Zweitens: Entscheidend ist, wie wir mit der Krise umgehen

Hier kann ich mich kürzer fassen. Vor kurzem haben wir wieder einmal mit Robert Wallace gesprochen, dem CEO des Stiftungsvermögens der Stanford University. Er erinnert uns: "Europa ist nicht die einzige Region der Welt, in der Unsicherheit hinsichtlich der makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen herrscht. [...] Die Situation ist überall auf der Welt schwierig, nicht nur in Europa." Für mich steckt dahinter die Botschaft, dass mittelfristig nicht die Tatsache entscheidend ist, ob wir uns in einer Krise befinden. Entscheidend ist vielmehr, wie wir damit umgehen und wie wir uns aus ihr herausarbeiten. Genau hier liegen unsere Chancen – und es lohnt sich für Investoren, den Blick durch die Krise hindurch auf diese Chance zu lenken.

Drittens: Europa ist noch immer wirtschaftliche Weltmacht

Die EU hat an der Weltwirtschaft einen Anteil von etwa 15% und liegt gleichauf mit den USA. Chinas Anteil am Welt-BIP liegt bei rund 18%. Im Vergleich zu China hat Europa einen entwickelten Kapitalmarkt, der zudem nicht unter dem Damoklesschwert plötzlicher politischer Einflussnahme steht (Beispiel Alibaba, Tencent und andere Tech-Unternehmen). Im Vergleich zu den USA zeigt sich Europa im industriellen Bereich stark – ohne europäische Technologie läuft auch im Land der weltbeherrschenden Digitalkonzerne wenig. In einem global diversifizierten Portfolio muss Europa einen entsprechenden Platz einnehmen.

Viertens: Deutschland und Europa werden gestärkt aus dieser Krise kommen

Dass Europa gestärkt aus dieser Krise kommen wird, ist von außen vielleicht besser zu erkennen als aus der Innenperspektive. Ich zitiere dafür noch einmal Robert Wallace mit einer äußerst ermutigenden Aussage: "[…] Ein großer Teil dieser schöpferischen Zerstörung wird in Europa entstehen, und das wird sehr gut für die europäische Wirtschaft und auch für die Welt sein.“ Probleme werden erkannt und angegangen, manchmal unter Schmerzen, aber am Ende doch erfolgreich. Erinnern wir uns nur an die „Agenda 2010“, die schließlich zum eingangs erwähnten Jubeltitel auf dem Economist-Cover führte.

Mit Blick auf die wichtigsten unserer aktuellen Herausforderungen wage ich an dieser Stelle folgende Prognosen:

  1. Die Weltwirtschaft sortiert sich neu, und Europa (vor allem die Unternehmen in Europa) wird sich erfolgreich neue Lieferanten, neue Märkte, neue Geschäftspartner erschließen.
  2. Die Globalisierung macht Pause, ist aber keineswegs am Ende. Neue Handelsabkommen werden geschlossen.
  3. Die Beispiele Tesla und Intel machen Schule. Es werden sich neue Unternehmen und ganze neue Industrien in Deutschland und Europa ansiedeln.
  4. Europa definiert erfolgreich seinen Platz in der bipolaren Welt zwischen USA und China.
  5. Europa holt bei digitalen Technologien auf.
  6. Der Euro ist gekommen, um zu bleiben.
  7. In Deutschland werden Genehmigungsverfahren verkürzt; zügig neue Gas-Terminals gebaut und Stromtrassen errichtet; neue Energiequellen (welcher Art auch immer) erschlossen.
  8. Es wird Lösungen geben, um dem demographischen Wandel entgegenzuwirken.
  9. Der Klimawandel führt zu Produkt- und Prozessinnovationen, die Wohlstand und Lebensqualität erhöhen.
  10. Gute Unternehmen finden einen Weg – immer!

Nicht alle Prognosen werden eintreten, aber klingt das alles extrem unwahrscheinlich? Ich meine nicht!

Fünftens: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der industriellen Basis Europas

Auf meiner Prognose 10 fußt übrigens die Gründungsidee von Lupus alpha. Gerade in schwierigen Wirtschafts- und Marktphasen ergeben sich im Segment der europäischen Small- und Mid Caps für aktive Stockpicker viele interessante Chancen bei Unternehmen, deren Management in der Lage ist, die Weichen in eine erfolgreiche Zukunft zu stellen, die belastbar durch Krisen navigieren und sie gestärkt hinter sich lassen. Selbst in konjunkturell schwierigeren Fahrwassern sind diese Unternehmen hervorragend aufgestellt: Sie reagieren hochflexibel auf neue politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, haben in der Regel keine Probleme mit der Refinanzierung, kommen mit der aktuellen Inflation zurecht und entwickeln sich bei ESG mit großen Schritten weiter. Dank ihrer Resilienz und ihrer Innovationskraft bilden sie die Basis für ein Europa, das die aktuelle Krise gestärkt hinter sich lassen wird.

Wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es oft schwer, durch die Krise hindurchzublicken.

Wir neigen dazu, Trends zu extrapolieren – und im Moment spricht der Trend nicht gerade für uns. Aber immer wieder sind wir überrascht, wenn sich im Schatten des Trends erst unmerklich und dann plötzlich eine neue Welt formt. Aus dem kranken Mann Europas wurde „Europe‘s Engine“. Dem Platzen der Dotcom-Blase folgte der Aufstieg der Tech-Branche. Dem prognostizierten Zusammenbruch des Euros folgte … nichts. Dem von höchster Stelle diagnostizierten "Hirntod" der Nato folgte neue Geschlossenheit. Dem Coronavirus folgte der BionTech-Impfstoff. Und auch auf die aktuellen großen Herausforderungen werden Antworten folgen. Gute Antworten – und ganz viele davon kommen aus den Entwicklungsabteilungen europäischer Small & Mid Cap-Unternehmen. Das ist allemal ein Grund, am Europa-Anteil im Depot festzuhalten.

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Lupus alpha

29.08.2022

Europa raus aus dem Depot ist Unsinn

Die neue Ausgabe der Lupus alpha Kolumne

Aus allen Richtungen ist zu vernehmen, Europa werde der große Verlierer der aktuellen geopolitischen Konflikte und deren wirtschaftlicher Folgen sein – als stünde das bereits fest. Deutschland trifft es vielen Aussagen nach besonders hart, manchem Kommentator wird sogar „Angst und Bange“. Einige institutionelle Investoren wie auch Privatanleger haben ihren Europa-Anteil in der Asset Allocation bereits gesenkt. Denn wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es schwer, durch sie hindurchzublicken. Wir vergessen leicht, dass sich gerade in schweren Zeiten die Grundlagen für neue Prosperität herausbilden.

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO von Lupus alpha

Die Kulisse, vor der Investoren heute ihre Anlageentscheidungen treffen, könnte kaum düsterer sein: Besonders auf Europa lasten neben der unsicheren Energieversorgung bei zugleich rasant steigenden Kosten auch längerfristig wirkende Trends. Dazu gehören die Tendenz zur Deglobalisierung, die wirtschaftliche Entkopplung zwischen den USA und China sowie mit immer mehr Macht auch die demographische Entwicklung. Dabei steht Deutschland als Europas größte Wirtschaft unter besonderer Beobachtung – das Magazin „Capital“ zeigt auf seiner Septemberausgabe einen arg gerupften Bundesadler mit dem Titel „Europas No-Powerhouse“.

Dieser Abgesang erinnert mich an Juni 1999, als das britische Magazin „Economist“ Deutschland als „kranken Mann Europas“ bezeichnete. Doch schon im August 2005 staunte dasselbe Blatt über „Germany’s surprising economy“. Und 2010 schließlich kürte es „uns“ (ich erlaube mir diese kleine Anlehnung an die BILD-Zeitung) zu „Europe’s Engine“ – was mich direkt zu meinen weiteren Ausführungen bringt.

Erstens: Wir haben verlernt, was „Krise“ bedeutet

Zugegeben, auf den ersten Blick eine befremdliche These, ich werde an dieser Stelle deshalb etwas ausführlicher: Als Akteure in den Finanzmärkten sind wir Krisen gewohnt. Dotcom-, Finanz- und Eurokrise haben uns seit 2000 besonders intensiv beschäftigt, hinzu kamen diverse Krisen in anderen Währungsräumen. Viel Kapital wurde vernichtet und in der Folge neu aufgebaut. Aber, seien wir ehrlich: Wen hat das tagtäglich interessiert, außer uns in unserer Finanzweltblase? Die direkt Betroffenen natürlich: Der Telekom-Volksaktionär steht beispielhaft für Menschen, die viel Geld verloren haben. In den USA haben Familien ihre Häuser verloren. In Südeuropa hinterließ die Eurokrise Schneisen wirtschaftlicher Verwüstung.

Und doch führte erst das Coronavirus 2020 zur seit Jahrzehnten ersten großen Krise, die europa- und sogar weltweit erheblichen wirtschaftlichen Schaden hinterlassen hat. Sie hat quasi jeden - auch in seiner persönlichen Freiheit - betroffen und wirkt bis heute nach, etwa in Form von gestörten Lieferketten und einer sprunghaft gestiegenen Inflation. So etwas hat es zuletzt in den Ölkrisen der 1970er Jahre gegeben. In der Breite der Bevölkerung haben wir schlicht verlernt, was „Krise“ wirklich bedeutet. Und wie sich große wirtschaftliche Unsicherheit anfühlt.

Phasen der Rezession hat es immer wieder gegeben – aber was wir jetzt erleben (ganz unabhängig davon, wie sich das BIP in nächster Zeit tatsächlich entwickelt), könnte zum großen, reinigenden Gewitter werden, wie es vielleicht schon lange überfällig ist. Weil wir in wirtschaftlich ungesunde Abhängigkeiten geraten sind. Weil unrentable Unternehmen wegen leichter Refinanzierungsmöglichkeiten nicht aus dem Markt geschieden sind. Weil Strukturen und Prozesse (gerade auch in Politik und Gesellschaft) bis hin zur Verkrustung ineffizient geworden sind. Ohne echte Krisen sind Fortschritt und Wohlstand nicht denkbar – das wird uns jetzt wieder bewusst.

Zweitens: Entscheidend ist, wie wir mit der Krise umgehen

Hier kann ich mich kürzer fassen. Vor kurzem haben wir wieder einmal mit Robert Wallace gesprochen, dem CEO des Stiftungsvermögens der Stanford University. Er erinnert uns: "Europa ist nicht die einzige Region der Welt, in der Unsicherheit hinsichtlich der makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen herrscht. [...] Die Situation ist überall auf der Welt schwierig, nicht nur in Europa." Für mich steckt dahinter die Botschaft, dass mittelfristig nicht die Tatsache entscheidend ist, ob wir uns in einer Krise befinden. Entscheidend ist vielmehr, wie wir damit umgehen und wie wir uns aus ihr herausarbeiten. Genau hier liegen unsere Chancen – und es lohnt sich für Investoren, den Blick durch die Krise hindurch auf diese Chance zu lenken.

Drittens: Europa ist noch immer wirtschaftliche Weltmacht

Die EU hat an der Weltwirtschaft einen Anteil von etwa 15% und liegt gleichauf mit den USA. Chinas Anteil am Welt-BIP liegt bei rund 18%. Im Vergleich zu China hat Europa einen entwickelten Kapitalmarkt, der zudem nicht unter dem Damoklesschwert plötzlicher politischer Einflussnahme steht (Beispiel Alibaba, Tencent und andere Tech-Unternehmen). Im Vergleich zu den USA zeigt sich Europa im industriellen Bereich stark – ohne europäische Technologie läuft auch im Land der weltbeherrschenden Digitalkonzerne wenig. In einem global diversifizierten Portfolio muss Europa einen entsprechenden Platz einnehmen.

Viertens: Deutschland und Europa werden gestärkt aus dieser Krise kommen

Dass Europa gestärkt aus dieser Krise kommen wird, ist von außen vielleicht besser zu erkennen als aus der Innenperspektive. Ich zitiere dafür noch einmal Robert Wallace mit einer äußerst ermutigenden Aussage: "[…] Ein großer Teil dieser schöpferischen Zerstörung wird in Europa entstehen, und das wird sehr gut für die europäische Wirtschaft und auch für die Welt sein.“ Probleme werden erkannt und angegangen, manchmal unter Schmerzen, aber am Ende doch erfolgreich. Erinnern wir uns nur an die „Agenda 2010“, die schließlich zum eingangs erwähnten Jubeltitel auf dem Economist-Cover führte.

Mit Blick auf die wichtigsten unserer aktuellen Herausforderungen wage ich an dieser Stelle folgende Prognosen:

  1. Die Weltwirtschaft sortiert sich neu, und Europa (vor allem die Unternehmen in Europa) wird sich erfolgreich neue Lieferanten, neue Märkte, neue Geschäftspartner erschließen.
  2. Die Globalisierung macht Pause, ist aber keineswegs am Ende. Neue Handelsabkommen werden geschlossen.
  3. Die Beispiele Tesla und Intel machen Schule. Es werden sich neue Unternehmen und ganze neue Industrien in Deutschland und Europa ansiedeln.
  4. Europa definiert erfolgreich seinen Platz in der bipolaren Welt zwischen USA und China.
  5. Europa holt bei digitalen Technologien auf.
  6. Der Euro ist gekommen, um zu bleiben.
  7. In Deutschland werden Genehmigungsverfahren verkürzt; zügig neue Gas-Terminals gebaut und Stromtrassen errichtet; neue Energiequellen (welcher Art auch immer) erschlossen.
  8. Es wird Lösungen geben, um dem demographischen Wandel entgegenzuwirken.
  9. Der Klimawandel führt zu Produkt- und Prozessinnovationen, die Wohlstand und Lebensqualität erhöhen.
  10. Gute Unternehmen finden einen Weg – immer!

Nicht alle Prognosen werden eintreten, aber klingt das alles extrem unwahrscheinlich? Ich meine nicht!

Fünftens: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der industriellen Basis Europas

Auf meiner Prognose 10 fußt übrigens die Gründungsidee von Lupus alpha. Gerade in schwierigen Wirtschafts- und Marktphasen ergeben sich im Segment der europäischen Small- und Mid Caps für aktive Stockpicker viele interessante Chancen bei Unternehmen, deren Management in der Lage ist, die Weichen in eine erfolgreiche Zukunft zu stellen, die belastbar durch Krisen navigieren und sie gestärkt hinter sich lassen. Selbst in konjunkturell schwierigeren Fahrwassern sind diese Unternehmen hervorragend aufgestellt: Sie reagieren hochflexibel auf neue politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, haben in der Regel keine Probleme mit der Refinanzierung, kommen mit der aktuellen Inflation zurecht und entwickeln sich bei ESG mit großen Schritten weiter. Dank ihrer Resilienz und ihrer Innovationskraft bilden sie die Basis für ein Europa, das die aktuelle Krise gestärkt hinter sich lassen wird.

Wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es oft schwer, durch die Krise hindurchzublicken.

Wir neigen dazu, Trends zu extrapolieren – und im Moment spricht der Trend nicht gerade für uns. Aber immer wieder sind wir überrascht, wenn sich im Schatten des Trends erst unmerklich und dann plötzlich eine neue Welt formt. Aus dem kranken Mann Europas wurde „Europe‘s Engine“. Dem Platzen der Dotcom-Blase folgte der Aufstieg der Tech-Branche. Dem prognostizierten Zusammenbruch des Euros folgte … nichts. Dem von höchster Stelle diagnostizierten "Hirntod" der Nato folgte neue Geschlossenheit. Dem Coronavirus folgte der BionTech-Impfstoff. Und auch auf die aktuellen großen Herausforderungen werden Antworten folgen. Gute Antworten – und ganz viele davon kommen aus den Entwicklungsabteilungen europäischer Small & Mid Cap-Unternehmen. Das ist allemal ein Grund, am Europa-Anteil im Depot festzuhalten.

leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

29.08.2022

Europa raus aus dem Depot ist Unsinn

Die neue Ausgabe der Lupus alpha Kolumne

Aus allen Richtungen ist zu vernehmen, Europa werde der große Verlierer der aktuellen geopolitischen Konflikte und deren wirtschaftlicher Folgen sein – als stünde das bereits fest. Deutschland trifft es vielen Aussagen nach besonders hart, manchem Kommentator wird sogar „Angst und Bange“. Einige institutionelle Investoren wie auch Privatanleger haben ihren Europa-Anteil in der Asset Allocation bereits gesenkt. Denn wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es schwer, durch sie hindurchzublicken. Wir vergessen leicht, dass sich gerade in schweren Zeiten die Grundlagen für neue Prosperität herausbilden.

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO von Lupus alpha

Die Kulisse, vor der Investoren heute ihre Anlageentscheidungen treffen, könnte kaum düsterer sein: Besonders auf Europa lasten neben der unsicheren Energieversorgung bei zugleich rasant steigenden Kosten auch längerfristig wirkende Trends. Dazu gehören die Tendenz zur Deglobalisierung, die wirtschaftliche Entkopplung zwischen den USA und China sowie mit immer mehr Macht auch die demographische Entwicklung. Dabei steht Deutschland als Europas größte Wirtschaft unter besonderer Beobachtung – das Magazin „Capital“ zeigt auf seiner Septemberausgabe einen arg gerupften Bundesadler mit dem Titel „Europas No-Powerhouse“.

Dieser Abgesang erinnert mich an Juni 1999, als das britische Magazin „Economist“ Deutschland als „kranken Mann Europas“ bezeichnete. Doch schon im August 2005 staunte dasselbe Blatt über „Germany’s surprising economy“. Und 2010 schließlich kürte es „uns“ (ich erlaube mir diese kleine Anlehnung an die BILD-Zeitung) zu „Europe’s Engine“ – was mich direkt zu meinen weiteren Ausführungen bringt.

Erstens: Wir haben verlernt, was „Krise“ bedeutet

Zugegeben, auf den ersten Blick eine befremdliche These, ich werde an dieser Stelle deshalb etwas ausführlicher: Als Akteure in den Finanzmärkten sind wir Krisen gewohnt. Dotcom-, Finanz- und Eurokrise haben uns seit 2000 besonders intensiv beschäftigt, hinzu kamen diverse Krisen in anderen Währungsräumen. Viel Kapital wurde vernichtet und in der Folge neu aufgebaut. Aber, seien wir ehrlich: Wen hat das tagtäglich interessiert, außer uns in unserer Finanzweltblase? Die direkt Betroffenen natürlich: Der Telekom-Volksaktionär steht beispielhaft für Menschen, die viel Geld verloren haben. In den USA haben Familien ihre Häuser verloren. In Südeuropa hinterließ die Eurokrise Schneisen wirtschaftlicher Verwüstung.

Und doch führte erst das Coronavirus 2020 zur seit Jahrzehnten ersten großen Krise, die europa- und sogar weltweit erheblichen wirtschaftlichen Schaden hinterlassen hat. Sie hat quasi jeden - auch in seiner persönlichen Freiheit - betroffen und wirkt bis heute nach, etwa in Form von gestörten Lieferketten und einer sprunghaft gestiegenen Inflation. So etwas hat es zuletzt in den Ölkrisen der 1970er Jahre gegeben. In der Breite der Bevölkerung haben wir schlicht verlernt, was „Krise“ wirklich bedeutet. Und wie sich große wirtschaftliche Unsicherheit anfühlt.

Phasen der Rezession hat es immer wieder gegeben – aber was wir jetzt erleben (ganz unabhängig davon, wie sich das BIP in nächster Zeit tatsächlich entwickelt), könnte zum großen, reinigenden Gewitter werden, wie es vielleicht schon lange überfällig ist. Weil wir in wirtschaftlich ungesunde Abhängigkeiten geraten sind. Weil unrentable Unternehmen wegen leichter Refinanzierungsmöglichkeiten nicht aus dem Markt geschieden sind. Weil Strukturen und Prozesse (gerade auch in Politik und Gesellschaft) bis hin zur Verkrustung ineffizient geworden sind. Ohne echte Krisen sind Fortschritt und Wohlstand nicht denkbar – das wird uns jetzt wieder bewusst.

Zweitens: Entscheidend ist, wie wir mit der Krise umgehen

Hier kann ich mich kürzer fassen. Vor kurzem haben wir wieder einmal mit Robert Wallace gesprochen, dem CEO des Stiftungsvermögens der Stanford University. Er erinnert uns: "Europa ist nicht die einzige Region der Welt, in der Unsicherheit hinsichtlich der makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen herrscht. [...] Die Situation ist überall auf der Welt schwierig, nicht nur in Europa." Für mich steckt dahinter die Botschaft, dass mittelfristig nicht die Tatsache entscheidend ist, ob wir uns in einer Krise befinden. Entscheidend ist vielmehr, wie wir damit umgehen und wie wir uns aus ihr herausarbeiten. Genau hier liegen unsere Chancen – und es lohnt sich für Investoren, den Blick durch die Krise hindurch auf diese Chance zu lenken.

Drittens: Europa ist noch immer wirtschaftliche Weltmacht

Die EU hat an der Weltwirtschaft einen Anteil von etwa 15% und liegt gleichauf mit den USA. Chinas Anteil am Welt-BIP liegt bei rund 18%. Im Vergleich zu China hat Europa einen entwickelten Kapitalmarkt, der zudem nicht unter dem Damoklesschwert plötzlicher politischer Einflussnahme steht (Beispiel Alibaba, Tencent und andere Tech-Unternehmen). Im Vergleich zu den USA zeigt sich Europa im industriellen Bereich stark – ohne europäische Technologie läuft auch im Land der weltbeherrschenden Digitalkonzerne wenig. In einem global diversifizierten Portfolio muss Europa einen entsprechenden Platz einnehmen.

Viertens: Deutschland und Europa werden gestärkt aus dieser Krise kommen

Dass Europa gestärkt aus dieser Krise kommen wird, ist von außen vielleicht besser zu erkennen als aus der Innenperspektive. Ich zitiere dafür noch einmal Robert Wallace mit einer äußerst ermutigenden Aussage: "[…] Ein großer Teil dieser schöpferischen Zerstörung wird in Europa entstehen, und das wird sehr gut für die europäische Wirtschaft und auch für die Welt sein.“ Probleme werden erkannt und angegangen, manchmal unter Schmerzen, aber am Ende doch erfolgreich. Erinnern wir uns nur an die „Agenda 2010“, die schließlich zum eingangs erwähnten Jubeltitel auf dem Economist-Cover führte.

Mit Blick auf die wichtigsten unserer aktuellen Herausforderungen wage ich an dieser Stelle folgende Prognosen:

  1. Die Weltwirtschaft sortiert sich neu, und Europa (vor allem die Unternehmen in Europa) wird sich erfolgreich neue Lieferanten, neue Märkte, neue Geschäftspartner erschließen.
  2. Die Globalisierung macht Pause, ist aber keineswegs am Ende. Neue Handelsabkommen werden geschlossen.
  3. Die Beispiele Tesla und Intel machen Schule. Es werden sich neue Unternehmen und ganze neue Industrien in Deutschland und Europa ansiedeln.
  4. Europa definiert erfolgreich seinen Platz in der bipolaren Welt zwischen USA und China.
  5. Europa holt bei digitalen Technologien auf.
  6. Der Euro ist gekommen, um zu bleiben.
  7. In Deutschland werden Genehmigungsverfahren verkürzt; zügig neue Gas-Terminals gebaut und Stromtrassen errichtet; neue Energiequellen (welcher Art auch immer) erschlossen.
  8. Es wird Lösungen geben, um dem demographischen Wandel entgegenzuwirken.
  9. Der Klimawandel führt zu Produkt- und Prozessinnovationen, die Wohlstand und Lebensqualität erhöhen.
  10. Gute Unternehmen finden einen Weg – immer!

Nicht alle Prognosen werden eintreten, aber klingt das alles extrem unwahrscheinlich? Ich meine nicht!

Fünftens: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der industriellen Basis Europas

Auf meiner Prognose 10 fußt übrigens die Gründungsidee von Lupus alpha. Gerade in schwierigen Wirtschafts- und Marktphasen ergeben sich im Segment der europäischen Small- und Mid Caps für aktive Stockpicker viele interessante Chancen bei Unternehmen, deren Management in der Lage ist, die Weichen in eine erfolgreiche Zukunft zu stellen, die belastbar durch Krisen navigieren und sie gestärkt hinter sich lassen. Selbst in konjunkturell schwierigeren Fahrwassern sind diese Unternehmen hervorragend aufgestellt: Sie reagieren hochflexibel auf neue politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, haben in der Regel keine Probleme mit der Refinanzierung, kommen mit der aktuellen Inflation zurecht und entwickeln sich bei ESG mit großen Schritten weiter. Dank ihrer Resilienz und ihrer Innovationskraft bilden sie die Basis für ein Europa, das die aktuelle Krise gestärkt hinter sich lassen wird.

Wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es oft schwer, durch die Krise hindurchzublicken.

Wir neigen dazu, Trends zu extrapolieren – und im Moment spricht der Trend nicht gerade für uns. Aber immer wieder sind wir überrascht, wenn sich im Schatten des Trends erst unmerklich und dann plötzlich eine neue Welt formt. Aus dem kranken Mann Europas wurde „Europe‘s Engine“. Dem Platzen der Dotcom-Blase folgte der Aufstieg der Tech-Branche. Dem prognostizierten Zusammenbruch des Euros folgte … nichts. Dem von höchster Stelle diagnostizierten "Hirntod" der Nato folgte neue Geschlossenheit. Dem Coronavirus folgte der BionTech-Impfstoff. Und auch auf die aktuellen großen Herausforderungen werden Antworten folgen. Gute Antworten – und ganz viele davon kommen aus den Entwicklungsabteilungen europäischer Small & Mid Cap-Unternehmen. Das ist allemal ein Grund, am Europa-Anteil im Depot festzuhalten.

leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

29.08.2022

Europa raus aus dem Depot ist Unsinn

Die neue Ausgabe der Lupus alpha Kolumne

Aus allen Richtungen ist zu vernehmen, Europa werde der große Verlierer der aktuellen geopolitischen Konflikte und deren wirtschaftlicher Folgen sein – als stünde das bereits fest. Deutschland trifft es vielen Aussagen nach besonders hart, manchem Kommentator wird sogar „Angst und Bange“. Einige institutionelle Investoren wie auch Privatanleger haben ihren Europa-Anteil in der Asset Allocation bereits gesenkt. Denn wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es schwer, durch sie hindurchzublicken. Wir vergessen leicht, dass sich gerade in schweren Zeiten die Grundlagen für neue Prosperität herausbilden.

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO von Lupus alpha

Die Kulisse, vor der Investoren heute ihre Anlageentscheidungen treffen, könnte kaum düsterer sein: Besonders auf Europa lasten neben der unsicheren Energieversorgung bei zugleich rasant steigenden Kosten auch längerfristig wirkende Trends. Dazu gehören die Tendenz zur Deglobalisierung, die wirtschaftliche Entkopplung zwischen den USA und China sowie mit immer mehr Macht auch die demographische Entwicklung. Dabei steht Deutschland als Europas größte Wirtschaft unter besonderer Beobachtung – das Magazin „Capital“ zeigt auf seiner Septemberausgabe einen arg gerupften Bundesadler mit dem Titel „Europas No-Powerhouse“.

Dieser Abgesang erinnert mich an Juni 1999, als das britische Magazin „Economist“ Deutschland als „kranken Mann Europas“ bezeichnete. Doch schon im August 2005 staunte dasselbe Blatt über „Germany’s surprising economy“. Und 2010 schließlich kürte es „uns“ (ich erlaube mir diese kleine Anlehnung an die BILD-Zeitung) zu „Europe’s Engine“ – was mich direkt zu meinen weiteren Ausführungen bringt.

Erstens: Wir haben verlernt, was „Krise“ bedeutet

Zugegeben, auf den ersten Blick eine befremdliche These, ich werde an dieser Stelle deshalb etwas ausführlicher: Als Akteure in den Finanzmärkten sind wir Krisen gewohnt. Dotcom-, Finanz- und Eurokrise haben uns seit 2000 besonders intensiv beschäftigt, hinzu kamen diverse Krisen in anderen Währungsräumen. Viel Kapital wurde vernichtet und in der Folge neu aufgebaut. Aber, seien wir ehrlich: Wen hat das tagtäglich interessiert, außer uns in unserer Finanzweltblase? Die direkt Betroffenen natürlich: Der Telekom-Volksaktionär steht beispielhaft für Menschen, die viel Geld verloren haben. In den USA haben Familien ihre Häuser verloren. In Südeuropa hinterließ die Eurokrise Schneisen wirtschaftlicher Verwüstung.

Und doch führte erst das Coronavirus 2020 zur seit Jahrzehnten ersten großen Krise, die europa- und sogar weltweit erheblichen wirtschaftlichen Schaden hinterlassen hat. Sie hat quasi jeden - auch in seiner persönlichen Freiheit - betroffen und wirkt bis heute nach, etwa in Form von gestörten Lieferketten und einer sprunghaft gestiegenen Inflation. So etwas hat es zuletzt in den Ölkrisen der 1970er Jahre gegeben. In der Breite der Bevölkerung haben wir schlicht verlernt, was „Krise“ wirklich bedeutet. Und wie sich große wirtschaftliche Unsicherheit anfühlt.

Phasen der Rezession hat es immer wieder gegeben – aber was wir jetzt erleben (ganz unabhängig davon, wie sich das BIP in nächster Zeit tatsächlich entwickelt), könnte zum großen, reinigenden Gewitter werden, wie es vielleicht schon lange überfällig ist. Weil wir in wirtschaftlich ungesunde Abhängigkeiten geraten sind. Weil unrentable Unternehmen wegen leichter Refinanzierungsmöglichkeiten nicht aus dem Markt geschieden sind. Weil Strukturen und Prozesse (gerade auch in Politik und Gesellschaft) bis hin zur Verkrustung ineffizient geworden sind. Ohne echte Krisen sind Fortschritt und Wohlstand nicht denkbar – das wird uns jetzt wieder bewusst.

Zweitens: Entscheidend ist, wie wir mit der Krise umgehen

Hier kann ich mich kürzer fassen. Vor kurzem haben wir wieder einmal mit Robert Wallace gesprochen, dem CEO des Stiftungsvermögens der Stanford University. Er erinnert uns: "Europa ist nicht die einzige Region der Welt, in der Unsicherheit hinsichtlich der makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen herrscht. [...] Die Situation ist überall auf der Welt schwierig, nicht nur in Europa." Für mich steckt dahinter die Botschaft, dass mittelfristig nicht die Tatsache entscheidend ist, ob wir uns in einer Krise befinden. Entscheidend ist vielmehr, wie wir damit umgehen und wie wir uns aus ihr herausarbeiten. Genau hier liegen unsere Chancen – und es lohnt sich für Investoren, den Blick durch die Krise hindurch auf diese Chance zu lenken.

Drittens: Europa ist noch immer wirtschaftliche Weltmacht

Die EU hat an der Weltwirtschaft einen Anteil von etwa 15% und liegt gleichauf mit den USA. Chinas Anteil am Welt-BIP liegt bei rund 18%. Im Vergleich zu China hat Europa einen entwickelten Kapitalmarkt, der zudem nicht unter dem Damoklesschwert plötzlicher politischer Einflussnahme steht (Beispiel Alibaba, Tencent und andere Tech-Unternehmen). Im Vergleich zu den USA zeigt sich Europa im industriellen Bereich stark – ohne europäische Technologie läuft auch im Land der weltbeherrschenden Digitalkonzerne wenig. In einem global diversifizierten Portfolio muss Europa einen entsprechenden Platz einnehmen.

Viertens: Deutschland und Europa werden gestärkt aus dieser Krise kommen

Dass Europa gestärkt aus dieser Krise kommen wird, ist von außen vielleicht besser zu erkennen als aus der Innenperspektive. Ich zitiere dafür noch einmal Robert Wallace mit einer äußerst ermutigenden Aussage: "[…] Ein großer Teil dieser schöpferischen Zerstörung wird in Europa entstehen, und das wird sehr gut für die europäische Wirtschaft und auch für die Welt sein.“ Probleme werden erkannt und angegangen, manchmal unter Schmerzen, aber am Ende doch erfolgreich. Erinnern wir uns nur an die „Agenda 2010“, die schließlich zum eingangs erwähnten Jubeltitel auf dem Economist-Cover führte.

Mit Blick auf die wichtigsten unserer aktuellen Herausforderungen wage ich an dieser Stelle folgende Prognosen:

  1. Die Weltwirtschaft sortiert sich neu, und Europa (vor allem die Unternehmen in Europa) wird sich erfolgreich neue Lieferanten, neue Märkte, neue Geschäftspartner erschließen.
  2. Die Globalisierung macht Pause, ist aber keineswegs am Ende. Neue Handelsabkommen werden geschlossen.
  3. Die Beispiele Tesla und Intel machen Schule. Es werden sich neue Unternehmen und ganze neue Industrien in Deutschland und Europa ansiedeln.
  4. Europa definiert erfolgreich seinen Platz in der bipolaren Welt zwischen USA und China.
  5. Europa holt bei digitalen Technologien auf.
  6. Der Euro ist gekommen, um zu bleiben.
  7. In Deutschland werden Genehmigungsverfahren verkürzt; zügig neue Gas-Terminals gebaut und Stromtrassen errichtet; neue Energiequellen (welcher Art auch immer) erschlossen.
  8. Es wird Lösungen geben, um dem demographischen Wandel entgegenzuwirken.
  9. Der Klimawandel führt zu Produkt- und Prozessinnovationen, die Wohlstand und Lebensqualität erhöhen.
  10. Gute Unternehmen finden einen Weg – immer!

Nicht alle Prognosen werden eintreten, aber klingt das alles extrem unwahrscheinlich? Ich meine nicht!

Fünftens: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der industriellen Basis Europas

Auf meiner Prognose 10 fußt übrigens die Gründungsidee von Lupus alpha. Gerade in schwierigen Wirtschafts- und Marktphasen ergeben sich im Segment der europäischen Small- und Mid Caps für aktive Stockpicker viele interessante Chancen bei Unternehmen, deren Management in der Lage ist, die Weichen in eine erfolgreiche Zukunft zu stellen, die belastbar durch Krisen navigieren und sie gestärkt hinter sich lassen. Selbst in konjunkturell schwierigeren Fahrwassern sind diese Unternehmen hervorragend aufgestellt: Sie reagieren hochflexibel auf neue politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, haben in der Regel keine Probleme mit der Refinanzierung, kommen mit der aktuellen Inflation zurecht und entwickeln sich bei ESG mit großen Schritten weiter. Dank ihrer Resilienz und ihrer Innovationskraft bilden sie die Basis für ein Europa, das die aktuelle Krise gestärkt hinter sich lassen wird.

Wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es oft schwer, durch die Krise hindurchzublicken.

Wir neigen dazu, Trends zu extrapolieren – und im Moment spricht der Trend nicht gerade für uns. Aber immer wieder sind wir überrascht, wenn sich im Schatten des Trends erst unmerklich und dann plötzlich eine neue Welt formt. Aus dem kranken Mann Europas wurde „Europe‘s Engine“. Dem Platzen der Dotcom-Blase folgte der Aufstieg der Tech-Branche. Dem prognostizierten Zusammenbruch des Euros folgte … nichts. Dem von höchster Stelle diagnostizierten "Hirntod" der Nato folgte neue Geschlossenheit. Dem Coronavirus folgte der BionTech-Impfstoff. Und auch auf die aktuellen großen Herausforderungen werden Antworten folgen. Gute Antworten – und ganz viele davon kommen aus den Entwicklungsabteilungen europäischer Small & Mid Cap-Unternehmen. Das ist allemal ein Grund, am Europa-Anteil im Depot festzuhalten.

leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

29.08.2022

Europa raus aus dem Depot ist Unsinn

Die neue Ausgabe der Lupus alpha Kolumne

Aus allen Richtungen ist zu vernehmen, Europa werde der große Verlierer der aktuellen geopolitischen Konflikte und deren wirtschaftlicher Folgen sein – als stünde das bereits fest. Deutschland trifft es vielen Aussagen nach besonders hart, manchem Kommentator wird sogar „Angst und Bange“. Einige institutionelle Investoren wie auch Privatanleger haben ihren Europa-Anteil in der Asset Allocation bereits gesenkt. Denn wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es schwer, durch sie hindurchzublicken. Wir vergessen leicht, dass sich gerade in schweren Zeiten die Grundlagen für neue Prosperität herausbilden.

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO von Lupus alpha

Die Kulisse, vor der Investoren heute ihre Anlageentscheidungen treffen, könnte kaum düsterer sein: Besonders auf Europa lasten neben der unsicheren Energieversorgung bei zugleich rasant steigenden Kosten auch längerfristig wirkende Trends. Dazu gehören die Tendenz zur Deglobalisierung, die wirtschaftliche Entkopplung zwischen den USA und China sowie mit immer mehr Macht auch die demographische Entwicklung. Dabei steht Deutschland als Europas größte Wirtschaft unter besonderer Beobachtung – das Magazin „Capital“ zeigt auf seiner Septemberausgabe einen arg gerupften Bundesadler mit dem Titel „Europas No-Powerhouse“.

Dieser Abgesang erinnert mich an Juni 1999, als das britische Magazin „Economist“ Deutschland als „kranken Mann Europas“ bezeichnete. Doch schon im August 2005 staunte dasselbe Blatt über „Germany’s surprising economy“. Und 2010 schließlich kürte es „uns“ (ich erlaube mir diese kleine Anlehnung an die BILD-Zeitung) zu „Europe’s Engine“ – was mich direkt zu meinen weiteren Ausführungen bringt.

Erstens: Wir haben verlernt, was „Krise“ bedeutet

Zugegeben, auf den ersten Blick eine befremdliche These, ich werde an dieser Stelle deshalb etwas ausführlicher: Als Akteure in den Finanzmärkten sind wir Krisen gewohnt. Dotcom-, Finanz- und Eurokrise haben uns seit 2000 besonders intensiv beschäftigt, hinzu kamen diverse Krisen in anderen Währungsräumen. Viel Kapital wurde vernichtet und in der Folge neu aufgebaut. Aber, seien wir ehrlich: Wen hat das tagtäglich interessiert, außer uns in unserer Finanzweltblase? Die direkt Betroffenen natürlich: Der Telekom-Volksaktionär steht beispielhaft für Menschen, die viel Geld verloren haben. In den USA haben Familien ihre Häuser verloren. In Südeuropa hinterließ die Eurokrise Schneisen wirtschaftlicher Verwüstung.

Und doch führte erst das Coronavirus 2020 zur seit Jahrzehnten ersten großen Krise, die europa- und sogar weltweit erheblichen wirtschaftlichen Schaden hinterlassen hat. Sie hat quasi jeden - auch in seiner persönlichen Freiheit - betroffen und wirkt bis heute nach, etwa in Form von gestörten Lieferketten und einer sprunghaft gestiegenen Inflation. So etwas hat es zuletzt in den Ölkrisen der 1970er Jahre gegeben. In der Breite der Bevölkerung haben wir schlicht verlernt, was „Krise“ wirklich bedeutet. Und wie sich große wirtschaftliche Unsicherheit anfühlt.

Phasen der Rezession hat es immer wieder gegeben – aber was wir jetzt erleben (ganz unabhängig davon, wie sich das BIP in nächster Zeit tatsächlich entwickelt), könnte zum großen, reinigenden Gewitter werden, wie es vielleicht schon lange überfällig ist. Weil wir in wirtschaftlich ungesunde Abhängigkeiten geraten sind. Weil unrentable Unternehmen wegen leichter Refinanzierungsmöglichkeiten nicht aus dem Markt geschieden sind. Weil Strukturen und Prozesse (gerade auch in Politik und Gesellschaft) bis hin zur Verkrustung ineffizient geworden sind. Ohne echte Krisen sind Fortschritt und Wohlstand nicht denkbar – das wird uns jetzt wieder bewusst.

Zweitens: Entscheidend ist, wie wir mit der Krise umgehen

Hier kann ich mich kürzer fassen. Vor kurzem haben wir wieder einmal mit Robert Wallace gesprochen, dem CEO des Stiftungsvermögens der Stanford University. Er erinnert uns: "Europa ist nicht die einzige Region der Welt, in der Unsicherheit hinsichtlich der makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen herrscht. [...] Die Situation ist überall auf der Welt schwierig, nicht nur in Europa." Für mich steckt dahinter die Botschaft, dass mittelfristig nicht die Tatsache entscheidend ist, ob wir uns in einer Krise befinden. Entscheidend ist vielmehr, wie wir damit umgehen und wie wir uns aus ihr herausarbeiten. Genau hier liegen unsere Chancen – und es lohnt sich für Investoren, den Blick durch die Krise hindurch auf diese Chance zu lenken.

Drittens: Europa ist noch immer wirtschaftliche Weltmacht

Die EU hat an der Weltwirtschaft einen Anteil von etwa 15% und liegt gleichauf mit den USA. Chinas Anteil am Welt-BIP liegt bei rund 18%. Im Vergleich zu China hat Europa einen entwickelten Kapitalmarkt, der zudem nicht unter dem Damoklesschwert plötzlicher politischer Einflussnahme steht (Beispiel Alibaba, Tencent und andere Tech-Unternehmen). Im Vergleich zu den USA zeigt sich Europa im industriellen Bereich stark – ohne europäische Technologie läuft auch im Land der weltbeherrschenden Digitalkonzerne wenig. In einem global diversifizierten Portfolio muss Europa einen entsprechenden Platz einnehmen.

Viertens: Deutschland und Europa werden gestärkt aus dieser Krise kommen

Dass Europa gestärkt aus dieser Krise kommen wird, ist von außen vielleicht besser zu erkennen als aus der Innenperspektive. Ich zitiere dafür noch einmal Robert Wallace mit einer äußerst ermutigenden Aussage: "[…] Ein großer Teil dieser schöpferischen Zerstörung wird in Europa entstehen, und das wird sehr gut für die europäische Wirtschaft und auch für die Welt sein.“ Probleme werden erkannt und angegangen, manchmal unter Schmerzen, aber am Ende doch erfolgreich. Erinnern wir uns nur an die „Agenda 2010“, die schließlich zum eingangs erwähnten Jubeltitel auf dem Economist-Cover führte.

Mit Blick auf die wichtigsten unserer aktuellen Herausforderungen wage ich an dieser Stelle folgende Prognosen:

  1. Die Weltwirtschaft sortiert sich neu, und Europa (vor allem die Unternehmen in Europa) wird sich erfolgreich neue Lieferanten, neue Märkte, neue Geschäftspartner erschließen.
  2. Die Globalisierung macht Pause, ist aber keineswegs am Ende. Neue Handelsabkommen werden geschlossen.
  3. Die Beispiele Tesla und Intel machen Schule. Es werden sich neue Unternehmen und ganze neue Industrien in Deutschland und Europa ansiedeln.
  4. Europa definiert erfolgreich seinen Platz in der bipolaren Welt zwischen USA und China.
  5. Europa holt bei digitalen Technologien auf.
  6. Der Euro ist gekommen, um zu bleiben.
  7. In Deutschland werden Genehmigungsverfahren verkürzt; zügig neue Gas-Terminals gebaut und Stromtrassen errichtet; neue Energiequellen (welcher Art auch immer) erschlossen.
  8. Es wird Lösungen geben, um dem demographischen Wandel entgegenzuwirken.
  9. Der Klimawandel führt zu Produkt- und Prozessinnovationen, die Wohlstand und Lebensqualität erhöhen.
  10. Gute Unternehmen finden einen Weg – immer!

Nicht alle Prognosen werden eintreten, aber klingt das alles extrem unwahrscheinlich? Ich meine nicht!

Fünftens: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der industriellen Basis Europas

Auf meiner Prognose 10 fußt übrigens die Gründungsidee von Lupus alpha. Gerade in schwierigen Wirtschafts- und Marktphasen ergeben sich im Segment der europäischen Small- und Mid Caps für aktive Stockpicker viele interessante Chancen bei Unternehmen, deren Management in der Lage ist, die Weichen in eine erfolgreiche Zukunft zu stellen, die belastbar durch Krisen navigieren und sie gestärkt hinter sich lassen. Selbst in konjunkturell schwierigeren Fahrwassern sind diese Unternehmen hervorragend aufgestellt: Sie reagieren hochflexibel auf neue politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, haben in der Regel keine Probleme mit der Refinanzierung, kommen mit der aktuellen Inflation zurecht und entwickeln sich bei ESG mit großen Schritten weiter. Dank ihrer Resilienz und ihrer Innovationskraft bilden sie die Basis für ein Europa, das die aktuelle Krise gestärkt hinter sich lassen wird.

Wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es oft schwer, durch die Krise hindurchzublicken.

Wir neigen dazu, Trends zu extrapolieren – und im Moment spricht der Trend nicht gerade für uns. Aber immer wieder sind wir überrascht, wenn sich im Schatten des Trends erst unmerklich und dann plötzlich eine neue Welt formt. Aus dem kranken Mann Europas wurde „Europe‘s Engine“. Dem Platzen der Dotcom-Blase folgte der Aufstieg der Tech-Branche. Dem prognostizierten Zusammenbruch des Euros folgte … nichts. Dem von höchster Stelle diagnostizierten "Hirntod" der Nato folgte neue Geschlossenheit. Dem Coronavirus folgte der BionTech-Impfstoff. Und auch auf die aktuellen großen Herausforderungen werden Antworten folgen. Gute Antworten – und ganz viele davon kommen aus den Entwicklungsabteilungen europäischer Small & Mid Cap-Unternehmen. Das ist allemal ein Grund, am Europa-Anteil im Depot festzuhalten.

leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

29.08.2022

Europa raus aus dem Depot ist Unsinn

Die neue Ausgabe der Lupus alpha Kolumne

Aus allen Richtungen ist zu vernehmen, Europa werde der große Verlierer der aktuellen geopolitischen Konflikte und deren wirtschaftlicher Folgen sein – als stünde das bereits fest. Deutschland trifft es vielen Aussagen nach besonders hart, manchem Kommentator wird sogar „Angst und Bange“. Einige institutionelle Investoren wie auch Privatanleger haben ihren Europa-Anteil in der Asset Allocation bereits gesenkt. Denn wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es schwer, durch sie hindurchzublicken. Wir vergessen leicht, dass sich gerade in schweren Zeiten die Grundlagen für neue Prosperität herausbilden.

Dr. Götz Albert, Managing Partner und CIO von Lupus alpha

Die Kulisse, vor der Investoren heute ihre Anlageentscheidungen treffen, könnte kaum düsterer sein: Besonders auf Europa lasten neben der unsicheren Energieversorgung bei zugleich rasant steigenden Kosten auch längerfristig wirkende Trends. Dazu gehören die Tendenz zur Deglobalisierung, die wirtschaftliche Entkopplung zwischen den USA und China sowie mit immer mehr Macht auch die demographische Entwicklung. Dabei steht Deutschland als Europas größte Wirtschaft unter besonderer Beobachtung – das Magazin „Capital“ zeigt auf seiner Septemberausgabe einen arg gerupften Bundesadler mit dem Titel „Europas No-Powerhouse“.

Dieser Abgesang erinnert mich an Juni 1999, als das britische Magazin „Economist“ Deutschland als „kranken Mann Europas“ bezeichnete. Doch schon im August 2005 staunte dasselbe Blatt über „Germany’s surprising economy“. Und 2010 schließlich kürte es „uns“ (ich erlaube mir diese kleine Anlehnung an die BILD-Zeitung) zu „Europe’s Engine“ – was mich direkt zu meinen weiteren Ausführungen bringt.

Erstens: Wir haben verlernt, was „Krise“ bedeutet

Zugegeben, auf den ersten Blick eine befremdliche These, ich werde an dieser Stelle deshalb etwas ausführlicher: Als Akteure in den Finanzmärkten sind wir Krisen gewohnt. Dotcom-, Finanz- und Eurokrise haben uns seit 2000 besonders intensiv beschäftigt, hinzu kamen diverse Krisen in anderen Währungsräumen. Viel Kapital wurde vernichtet und in der Folge neu aufgebaut. Aber, seien wir ehrlich: Wen hat das tagtäglich interessiert, außer uns in unserer Finanzweltblase? Die direkt Betroffenen natürlich: Der Telekom-Volksaktionär steht beispielhaft für Menschen, die viel Geld verloren haben. In den USA haben Familien ihre Häuser verloren. In Südeuropa hinterließ die Eurokrise Schneisen wirtschaftlicher Verwüstung.

Und doch führte erst das Coronavirus 2020 zur seit Jahrzehnten ersten großen Krise, die europa- und sogar weltweit erheblichen wirtschaftlichen Schaden hinterlassen hat. Sie hat quasi jeden - auch in seiner persönlichen Freiheit - betroffen und wirkt bis heute nach, etwa in Form von gestörten Lieferketten und einer sprunghaft gestiegenen Inflation. So etwas hat es zuletzt in den Ölkrisen der 1970er Jahre gegeben. In der Breite der Bevölkerung haben wir schlicht verlernt, was „Krise“ wirklich bedeutet. Und wie sich große wirtschaftliche Unsicherheit anfühlt.

Phasen der Rezession hat es immer wieder gegeben – aber was wir jetzt erleben (ganz unabhängig davon, wie sich das BIP in nächster Zeit tatsächlich entwickelt), könnte zum großen, reinigenden Gewitter werden, wie es vielleicht schon lange überfällig ist. Weil wir in wirtschaftlich ungesunde Abhängigkeiten geraten sind. Weil unrentable Unternehmen wegen leichter Refinanzierungsmöglichkeiten nicht aus dem Markt geschieden sind. Weil Strukturen und Prozesse (gerade auch in Politik und Gesellschaft) bis hin zur Verkrustung ineffizient geworden sind. Ohne echte Krisen sind Fortschritt und Wohlstand nicht denkbar – das wird uns jetzt wieder bewusst.

Zweitens: Entscheidend ist, wie wir mit der Krise umgehen

Hier kann ich mich kürzer fassen. Vor kurzem haben wir wieder einmal mit Robert Wallace gesprochen, dem CEO des Stiftungsvermögens der Stanford University. Er erinnert uns: "Europa ist nicht die einzige Region der Welt, in der Unsicherheit hinsichtlich der makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen herrscht. [...] Die Situation ist überall auf der Welt schwierig, nicht nur in Europa." Für mich steckt dahinter die Botschaft, dass mittelfristig nicht die Tatsache entscheidend ist, ob wir uns in einer Krise befinden. Entscheidend ist vielmehr, wie wir damit umgehen und wie wir uns aus ihr herausarbeiten. Genau hier liegen unsere Chancen – und es lohnt sich für Investoren, den Blick durch die Krise hindurch auf diese Chance zu lenken.

Drittens: Europa ist noch immer wirtschaftliche Weltmacht

Die EU hat an der Weltwirtschaft einen Anteil von etwa 15% und liegt gleichauf mit den USA. Chinas Anteil am Welt-BIP liegt bei rund 18%. Im Vergleich zu China hat Europa einen entwickelten Kapitalmarkt, der zudem nicht unter dem Damoklesschwert plötzlicher politischer Einflussnahme steht (Beispiel Alibaba, Tencent und andere Tech-Unternehmen). Im Vergleich zu den USA zeigt sich Europa im industriellen Bereich stark – ohne europäische Technologie läuft auch im Land der weltbeherrschenden Digitalkonzerne wenig. In einem global diversifizierten Portfolio muss Europa einen entsprechenden Platz einnehmen.

Viertens: Deutschland und Europa werden gestärkt aus dieser Krise kommen

Dass Europa gestärkt aus dieser Krise kommen wird, ist von außen vielleicht besser zu erkennen als aus der Innenperspektive. Ich zitiere dafür noch einmal Robert Wallace mit einer äußerst ermutigenden Aussage: "[…] Ein großer Teil dieser schöpferischen Zerstörung wird in Europa entstehen, und das wird sehr gut für die europäische Wirtschaft und auch für die Welt sein.“ Probleme werden erkannt und angegangen, manchmal unter Schmerzen, aber am Ende doch erfolgreich. Erinnern wir uns nur an die „Agenda 2010“, die schließlich zum eingangs erwähnten Jubeltitel auf dem Economist-Cover führte.

Mit Blick auf die wichtigsten unserer aktuellen Herausforderungen wage ich an dieser Stelle folgende Prognosen:

  1. Die Weltwirtschaft sortiert sich neu, und Europa (vor allem die Unternehmen in Europa) wird sich erfolgreich neue Lieferanten, neue Märkte, neue Geschäftspartner erschließen.
  2. Die Globalisierung macht Pause, ist aber keineswegs am Ende. Neue Handelsabkommen werden geschlossen.
  3. Die Beispiele Tesla und Intel machen Schule. Es werden sich neue Unternehmen und ganze neue Industrien in Deutschland und Europa ansiedeln.
  4. Europa definiert erfolgreich seinen Platz in der bipolaren Welt zwischen USA und China.
  5. Europa holt bei digitalen Technologien auf.
  6. Der Euro ist gekommen, um zu bleiben.
  7. In Deutschland werden Genehmigungsverfahren verkürzt; zügig neue Gas-Terminals gebaut und Stromtrassen errichtet; neue Energiequellen (welcher Art auch immer) erschlossen.
  8. Es wird Lösungen geben, um dem demographischen Wandel entgegenzuwirken.
  9. Der Klimawandel führt zu Produkt- und Prozessinnovationen, die Wohlstand und Lebensqualität erhöhen.
  10. Gute Unternehmen finden einen Weg – immer!

Nicht alle Prognosen werden eintreten, aber klingt das alles extrem unwahrscheinlich? Ich meine nicht!

Fünftens: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der industriellen Basis Europas

Auf meiner Prognose 10 fußt übrigens die Gründungsidee von Lupus alpha. Gerade in schwierigen Wirtschafts- und Marktphasen ergeben sich im Segment der europäischen Small- und Mid Caps für aktive Stockpicker viele interessante Chancen bei Unternehmen, deren Management in der Lage ist, die Weichen in eine erfolgreiche Zukunft zu stellen, die belastbar durch Krisen navigieren und sie gestärkt hinter sich lassen. Selbst in konjunkturell schwierigeren Fahrwassern sind diese Unternehmen hervorragend aufgestellt: Sie reagieren hochflexibel auf neue politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, haben in der Regel keine Probleme mit der Refinanzierung, kommen mit der aktuellen Inflation zurecht und entwickeln sich bei ESG mit großen Schritten weiter. Dank ihrer Resilienz und ihrer Innovationskraft bilden sie die Basis für ein Europa, das die aktuelle Krise gestärkt hinter sich lassen wird.

Wer mitten in der Krise steckt, dem fällt es oft schwer, durch die Krise hindurchzublicken.

Wir neigen dazu, Trends zu extrapolieren – und im Moment spricht der Trend nicht gerade für uns. Aber immer wieder sind wir überrascht, wenn sich im Schatten des Trends erst unmerklich und dann plötzlich eine neue Welt formt. Aus dem kranken Mann Europas wurde „Europe‘s Engine“. Dem Platzen der Dotcom-Blase folgte der Aufstieg der Tech-Branche. Dem prognostizierten Zusammenbruch des Euros folgte … nichts. Dem von höchster Stelle diagnostizierten "Hirntod" der Nato folgte neue Geschlossenheit. Dem Coronavirus folgte der BionTech-Impfstoff. Und auch auf die aktuellen großen Herausforderungen werden Antworten folgen. Gute Antworten – und ganz viele davon kommen aus den Entwicklungsabteilungen europäischer Small & Mid Cap-Unternehmen. Das ist allemal ein Grund, am Europa-Anteil im Depot festzuhalten.

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Annett Haubold
PR-Managerin, Communications
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